Seit längerer Zeit mache ich mir viele Gedanken über meine Geschichten. Sie spuken in meinem Kopf herum oder sind schon längst zu (digitalem) Papier gebracht. Doch je länger ich an ihnen feile - damit meine ich besonders "Ein Hauch von Rauch und Asche" - desto mehr wird mir bewusst, dass der Satz, der mir - wenn es um's Schreiben geht - immer wieder begegnet, vielleicht nicht nur auf die kleinsten Einheiten in einem Text - Worte und Sätze -, sondern auch auf ganze Manuskripte anzuwenden ist.
Schon vor Monaten habe ich mich gefragt, ob ich diese Geschichte nicht vielleicht tot geschrieben habe. In der letzten Zeit merkte ich, obwohl ich sie liebe - das steht außer Frage -, ist sie doch leblos geworden. Mit dem einen oder anderen Gedanken habe ich versucht, mir zu erklären, warum meine Geschichte immer kürzer wurde. Die Schneeflockenmethode rückwärts, sozusagen. Ich bin von einer Geschichte mit gut 75.000 Wörtern ausgegangen und habe sie während des Neuschreibens immer mehr auf das Wesentliche reduziert, so dass es jetzt nur noch knapp 30.000 Wörter sind.
Ich habe einiges gestrichen, weil man es ja so beim Überarbeiten machen soll. Ich dachte, ich mache alles richtig. Habe also geübt, wie man Manuskripte schreibt und an ihnen feilt. Herausgekommen ist ... ein totes etwas ohne Atem nur noch von meiner Liebe am Leben erhalten. Heute morgen dämmerte es mir: Soll ich weiter den Defibrillator auf seine Brust und einen Stromschlag nach dem anderen hinein drücken oder mich überwinden und den Stecker ziehen?
Schweren Herzens habe ich mich dazu entschieden, den Stecker zu ziehen.
Es ist ein gutes Gefühl. Die virtuelle Schublade ist ja nicht der schlechteste Ort für ein Manuskript und ich kann es jederzeit hervorholen und dann ... darauf hoffen, dass es ein Vampir ist vielleicht :D
Warum habe ich so lange an dem Manuskript festgehalten?
Es war die erste Geschichte, die ich jemals beendet habe. Ich habe mir so viel davon versprochen, es sollte mein Debüt-Roman werden und perfekt. Ich liebe die Geschichte, bin eins mit den Charakteren, fühle mich in der Welt wie Zuhause. So vielen Menschen habe ich davon erzählt, hier auf meinem Blog, auf Facebook, anderen Autorenkollegen.
All dies hat den Druck nur unnötig erhöht. Dazu kommt das Gewissen, dass es Menschen gibt, die Dinge erwartet. Ich hatte es in meinen Gedanken über die Selbstständigkeit schon einmal angeschnitten. Bekannte, die nichts mit dem Schreiben zu tun haben, nicht wissen, was es ausmacht, ein Buch zu schreiben, wie viel Arbeit darin steckt, bevor man ein Ergebnis sehen kann, hocken mit ihren Aussagen in meinem Hinterkopf. Menschen, die ich vielleicht schon längst aus meinem echten Leben verbannt habe, gesellen sich zum inneren Kritiker und Zweifler in mir und plaudern so vor sich hin.
Die Jahre vergehen und ich habe noch immer nichts veröffentlicht. Nur dieses eBook da übers Bloggen. Wenn ich davon erzähle, schlagen nicht gerade die Begeisterungswellen über mich herein. Andere Menschen erwarten eben einen Roman. Natürlich sollte er schon veröffentlicht sein und richtig gut ankommen.
Was lerne ich daraus?
Es ist schwer, sich von solchen Menschen und ihren Glaubenssätzen loszusagen - doch ich arbeite daran. Jeden Tag aufs Neue. Ich denke, das muss man auch ;-)
Nach Rücksprache mit ein paar Schreibmeer-Kollegen ist es in Ordnung (ja, auch ich habe unsichere Momente, in denen ich Mut zugesprochen bekommen muss), wenn ich das Schätzchen erstmal zur Seite lege.
Und auch mir selbst ist klar geworden, dass ich mich weiterentwickelt habe. Jeder Autor hat mindestens ein Schubladenprojekt und ich habe (mal wieder) zu viel von mir erwartet, wollte es um jeden Preis perfektionieren und veröffentlichen. Der Schuss ging von außen gesehen nach hinten los. Aber dennoch hat mir die Arbeit an dem Manuskript unendlich viel gebracht. Es ist nicht die einzige Rohfassung, die ich in den letzten zweieinhalb Jahren beendet habe. Also ist es in guter Gesellschaft.
Ich habe gelernt, wie ich Buchprojekte angehen muss. Obwohl ich ein Discovery Writer im Herzen bin und gerne aus dem Bauch heraus schreibe, habe ich gelernt, wie sinnvoll es doch ist, wenn man sich vorher über den groben Handlungsverlauf Gedanken macht. Darüber hinaus ist es auch sinnvoll, sich zu überlegen, in welcher Perspektive und Zeitform man schreibt. Das alles hätte ich nicht, ohne die letzten Jahre gehabt.
Und sind wir mal ehrlich. Welcher Tischlergeselle versucht seinen ersten Tisch an den Mann zu bringen, der auf vier Beinen steht und nicht mehr umkippt? :D
In Zukunft werde ich zielorientierter an neue Projekte gehen können, weil ich weiß, was ich zu tun habe. Die letzten Jahre waren meine Lehrjahre und meine Ausbildung ist fast zu Ende. Mir fehlen nur noch ein paar Lektionen und die Abschlussprüfung ist dann mein Romandebüt, das der Öffentlichkeit standhalten muss und wird.
Stehe ich jetzt ohne Schreibprojekt da?
Nein. Ich bin Autorin mit Leib und Seele. In meinem Kopf stecken so viele Ideen, die heraus wollen und spätestens alle paar Wochen gesellt sich eine neue hinzu. Und diese Ideen sind schon ziemlich explizit und drängen sich mir auf. Würde ich die ganzen Inspirationen sammeln, die mir sonst noch begegnen, dann würde mein Schädel platzen :D
Wie es mit den neuen Projekten aussieht, werdet ihr dann hier in der nächsten Zeit erfahren.
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